Friedrich Ebert
[Friedrich Ebert] verabscheute jegliches Aufheben um seine Person und pflegte einen einfachen und bescheidenen Repräsentationsstil. Zeitzeuge Thomas Mann sprach von schlichter Würde und gelassener Vernunft. Positive Eigenschaften, die uns auch heute noch als Vorbild dienen können.
HORST KÖHLER, EHEMALIGER BUNDESPRÄSIDENT
Kindheit und Jugend
Friedrich Ebert wird am 4. Februar 1871 als siebentes von neun Kindern einer Handwerkerfamilie in Heidelberg geboren. Er wird Sattlerlehrling, geht auf Wanderschaft und lässt sich 1891 schließlich in Bremen nieder, wo er eine Gastwirtschaft übernimmt. 1894 heiratet Friedrich Ebert die Arbeiterin Louise Rump. Die beiden werden fünf Kinder haben, von denen zwei Söhne im Ersten Weltkrieg fallen.
1900: Beginn der politischen Karriere in Bremen
1900 wird Friedrich Ebert Gewerkschaftssekretär. Von 1900 bis 1905 ist er Mitglied der Bremer Bürgerschaft, des Stadtparlaments. Die in dieser Zeit einsetzende theoretische Auseinandersetzung in seiner Partei zwischen Reformisten und Revolutionären kümmert ihn wenig. Ebert ist und bleibt auch später Pragmatiker.
1905: Umzug nach Berlin
1905 wird er zum Sekretär im zentralen Parteivorstand der SPD gewählt und zieht deshalb mit der Familie nach Berlin. Bei den Wahlen 1912 erringt Friedrich Ebert ein Reichstags-Mandat und wird 1913 neben Hugo Haase zum Parteivorsitzenden der SPD gewählt.
1918: Einsatz für friedliches Streik-Ende
Mit dem Beginn des 1. Weltkrieges setzt die britische Regierung ab 1914 per Seeblockade ein Handelsverbot gegen Deutschland durch. Die Versorgungslage in Deutschland verschlechtert sich deshalb zusehends. Es gibt in Deutschland innenpolitische Spannungen, die sich 1918 in den Januarstreiks entladen. Friedrich Ebert tritt in die Streikleitung des Munitionsarbeiterstreiks ein, um ihn friedlich zu beenden. Für die radikal Linke gilt er seitdem als „Arbeiterverräter“.
1918: Reichskanzler für einen Tag
Ebert, der schon während des Krieges für eine Demokratisierung im Reichstag kämpfte, tritt 1918 in die Regierung ein. Die Verfassung wird reformiert und für Ebert ist damit eine Revolution, die in Teilen der SPD angestrebt wird, überflüssig.
Kaiser Wilhelm II. will 1918 aber nicht abdanken, die Waffenstillstandverhandlungen ziehen sich hin und die Revolution überrollt ab Ende Oktober 1918 das Land wie ein Lauffeuer. Ebert ist von diesem Verlauf überrascht.
Am 9. November 1918 wird Friedrich Ebert Reichskanzler, bleibt dies aber nur einen Tag lang. Dann wird er – wieder neben Hugo Haase – zum Vorsitzendes des Rats der Volksbeauftragten gewählt, was er eigentlich gar nicht sein will. Genauso wenig unterstützt er es, dass Philipp Scheidemann die Republik ausruft. Friedrich Ebert will diese Frage ganz demokratisch der Entscheidung einer Nationalversammlung überlassen.
1918-1919: Umstrittene Rolle beim Übergang zur Weimarer Republik
Die Rolle, die Ebert nun bis zum Zusammentritt dieser Nationalversammlung in Weimar spielt, wird von den Historikern bis auf den heutigen Tag kontrovers gesehen.
Die eine Seite sieht Ebert als Politiker, der in einer Zeit des drohenden Bürgerkriegs und möglicher Besetzung durch die Alliierten das Schlimmste verhindert und gleichzeitig die Demokratie auf den Weg gebracht hat (Frauenwahlrecht!). Dies jedoch um den Preis einer Zusammenarbeit mit den alten Eliten (Oberste Heeresleitung, Beamtenschaft), die auch in der Weimarer Republik an der Macht blieben.
Die andere Seite wirft ihm vor, die Rätebewegung nicht in die neue Demokratie integriert zu haben. Damit habe er die historische Chance eines „dritten Weges“ vertan. Zudem habe Friedrich Eberts Haltung gegenüber einer raschen militärischen Strukturreform gleich zu Beginn der Weimarer Republik den Boden für die Entwicklung der Nationalsozialisten bereitet: Die zur Niederschlagung der Januarunruhen 1919 ins Leben gerufenen Freikorps ermorden Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht und bilden den Bodensatz, aus dem die braune Bewegung hervorgehen sollte.
1919-1925: Schwierige Präsidentschaft
Am 6. Februar 1919 tritt die Nationalversammlung in Weimar zusammen und wählt am 11. Februar 1919 Friedrich Ebert zum Reichspräsidenten. Friedrich Ebert ist damit das erste zivile Staatsoberhaupt Deutschlands. Ihm verdanken wir auch die Einführung des Deutschlandliedes anlässlich des Verfassungstages am 11. August 1922.
Friedrich Ebert tritt eine schwere Präsidentschaft an. Er muss seinem Amt Würde verleihen in einer Republik, die von vielen vor allem wegen des Versailler Friedensvertrages nicht geliebt wird. Als Reichspräsident versteht Ebert sich als Vermittler zwischen der gemäßigten Arbeiterbewegung und dem Bürgertum. Er will andere überzeugen statt ihnen seine Gesinnung aufzuzwingen. Ebert erlangt dennoch keine große Beliebtheit. Von Anfang an wird er Opfer von Verleumdungen von Linken und Rechten.
Die größte Verleumdungserzählung ist dabei die „Dolchstoßlegende“, die u.a. sein Nachfolger Paul von Hindenburg in die Welt setzt: Der Erste Weltkrieg hätte nach dieser Erzählung noch gewonnen werden können, wenn nicht die Novemberrevolution 1918 die deutsche Armee „von hinten erdolcht hätte“. Ebert und Andere werden als Verräter dargestellt.
1925: Früher Tod mitten im Verleumdungsprozess
Friedrich Ebert wird als Reichspräsident mehr als 170 mal verleumdet. Er setzt sich gerichtlich dagegen zur Wehr, als Landesverräter bezeichnet zu werden. Wegen eines Urteils in einem solchen Prozess geht er in Berufung und verschiebt eine lebenswichtige Blinddarmoperation. Er stirbt deshalb mit 54 Jahren. Die Trauerfeier in Berlin wird zum Massenereignis.
Text (gekürzt): Silvia Minderlein, ehemalige Fachbereichsleiterin Gesellschaftswissenschaften an der FEO
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